Hinter den Kulissen

Die heisse Phase im Hintergrund

Der letzte Schliff: Robin Mühlmeyer überwacht die Garantiearbeiten an den Capricorn-Zügen.

Auszug aus dem Contura Magazin, 26. September 2023

«Mit jedem Software-Update wird der Capricorn ein Stück besser.»
Die Inbetriebnahme der neuen Capricorn-Flügeltriebzüge ist in vollem Gange. Über 40 Stück sind inzwischen an die RhB ausgeliefert worden. Während die Fahrgäste bereits die Annehmlichkeiten des neuen Zuges geniessen, laufen im Hintergrund noch detaillierte Kontrollen, denn im August dieses Jahres fielen die ersten Fahrzeuge aus der Garantie.
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Der Abschluss eines langen Projekts rückt langsam in sichtbare Nähe. Seit dem ersten Leistungspflichtenheft im Jahr 2012 sind mehr als zehn Jahre ins Land gezogen. Im Sommer 2024 sollen alle 56 Stück der umgangssprachlich Capricorn genannten Züge ausgeliefert und auf dem RhB-Netz unterwegs sein. Doch zwischen «Auslieferung» und «unterwegs sein» liegt ein gutes Stück Arbeit. 

Probleme lokalisieren
Die Arbeit von Robin Mühlmeyer nämlich. Er ist Garantiebetreuer der neuen Triebzüge. Der studierte Schienenfahrzeugtechniker kam für ein Praktikum zur RhB und erhielt anschliessend im Frühling 2021 diese neu geschaffene Stelle. «In dieser Position begleite ich die Garantiephase jedes einzelnen neuen Fahrzeugs», erklärt Mühlmeyer. Das bedeutet konkret: Jedes noch so kleine auftretende Problem wird vom 29-Jährigen erfasst. Ob lockere Haltestangen, eine tropfende Klimaanlage, falsche Fahrgastinformationen auf den Bildschirmen oder Fenster, die nicht richtig schliessen; alles wird akribisch notiert. Nicht von Robin Mühlmeyer allein, versteht sich. Er bewegt sich zwischen Büroarbeit und Begutachtungen vor Ort im Capricorn und findet diese Abwechslung extrem spannend: «Jeden Tag gibt’s was anderes zu tun, das finde ich cool.» Viele Rückmeldungen erhält Mühlmeyer direkt von den Lokführerinnen und Lokführern, die auftretende Probleme auf einer digitalen Plattform selbst eintragen können. Gleichzeitig durchläuft jeder neue Zug einen zweiwöchigen Probeeinsatz im fahrplanmässigen Betrieb, währenddem das Fahrzeug unter ständiger Beobachtung ist. Da fährt der Garantiebetreuer teilweise mit und überprüft gewisse Dinge vor Ort.
Seine Erkenntnisse hält Robin Mühlmeyer ebenfalls auf der Problemerfassungsplattform Redmine fest. Besonders hilfreich ist, dass sich ähnliche oder mehrfach auftretende Fehler dank dieser Plattform miteinander verknüpfen und sich so Muster erkennen lassen. «Ich entscheide dann, ob es sich bei einem Problem um eine Fehlmanipulation, Vandalismus oder einen Garantiefall handelt. Garantiefälle werden dem Hersteller Stadler Rail gemeldet und gemeinsam gelöst», so Robin Mühlmeyer.

Geduld, Geduld
So weit die Theorie. Es liegt in der Natur der Sache, dass dieser ganze Vorgang nicht immer ganz reibungslos und vor allem nicht immer ganz so schnell wie in der Erzählung abläuft. Türen, die nicht richtig öffnen und schliessen, oder eine Kupplung mit undichter Hauptluftleitung: Solche und ähnliche Schwierigkeiten werden vom Zug zwar selbstständig erfasst und können anschliessend ausgelesen und ausgewertet werden, was zu guten Diagnosedaten führt. «Wir haben dadurch eine umfassende Übersicht darüber, welcher Zug wie oft welchen Fehler meldet. Tritt ein Fehler zwei- oder dreimal auf, sind das meist Einzelfälle. Wird ein Fehler aber hundertmal gemessen, ist es oft ein Garantiefall», so Mühlmeyer. Manchmal sind dann Verhandlungen nötig. Und nicht alle Probleme sind gleich dringlich. So kann es bei der hohen Arbeitslast aller Beteiligten durchaus sein, dass die Lösung nur langsam vorangeht: «Es kommt vor, dass ein von uns identifiziertes Software-Problem erst ein halbes oder ganzes Jahr später gelöst werden kann.»
Apropos Software: Es liegt nahe, dass diverse Garantiefälle sich längst nicht mehr nur auf die Hardware beziehen, auf Kratzer am Material oder quietschende Türen. Bei einem State-of-the-Art-Zug wie dem Capricorn verstecken sich diverse Probleme im Detail, sprich: in der Software. «Viele Fehler lassen sich heutzutage per Software-Update beheben –  und mit jedem dieser Updates wird der Capricorn wieder ein Stück besser», so Robin Mühlmeyer.

Im Fahrplan
Die Beschaffung der Capricorn-Züge gilt als grösste Rollmaterialerneuerung in der Geschichte der RhB. Seit Dezember 2019 rollen die ersten neuen Flügeltriebzüge auf den Gleisen, im Frühling 2023 sind es nun über 40 Stück und das Projekt ist damit auf Kurs. Robin Mühlmeyers Arbeit als Garantiebetreuer für die Capricorn-Triebzüge wird voraussichtlich Ende 2026 abgeschlossen sein, da dann die letzten Fahrzeuge aus der Garantie kommen. «Auf die ersten sechs Triebzüge hatten wir vier Jahre Garantie, auf die folgenden zwölf Stück drei Jahre und auf die übrigen Züge dann zwei Jahre», erläutert er. Mühlmeyers Arbeit für die RhB wird hingegen kaum enden, denn sind erstmal alle neuen Fahrzeuge auf den Schienen unterwegs, besteht die Hälfte der RhB-Flotte aus  Capricorn-Triebzügen. «Das umfangreiche Wissen, das ich mir bis dahin zum Capricorn angeeignet habe, wird es auch in Zukunft noch brauchen», ist er überzeugt.

Auszug aus dem Contura Frühling/Sommer 2023, das Magazin der Rhätischen Bahn
Text: Panta Rhei PR AG, Erika Suter
Bilder: Meinard Schade


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2 Kommentare

Thomas Fischer 05.03.2024

Alles muss sicherer werden, daher begrüssen wir die Warntöne, die beim Schliessen und Öffnen der Türen ertönen. Aber müssen diese so laut sein? Und müssen diese stundenlang tönen in der Nacht, gut eine Stunde vor Abfahrt des Zuges? Türen auf, Türen zu, Türen auf, Türen zu, Türen auf, Türen zu? Ganz grosses Kino, RhB.

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Heidi Thüler-Probst 29.10.2023

Super die neuen Züge,aber die steile Einstiegtreppe-sogar noch mit "Kinderwagen" aussen beschriftet- uff auch für ältere Leute. Man weiss ja nicht, wo welcher Wagen hält. Für mich persönlich wären abklappbare oder zusammenklappbare Tischli mit einer kl Ablagefläche angenehmer- wie SBB. Man fühlt sich etwas eingeengt, zum aussteigen auch mühsam, der Sitznachbar muss aufstehen. Die gepolsterten Stehwagen verstehe ich wohl einfach nicht! ;) Aber sonst- sehr angenehm. DANKE! H. Thüler

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