Am 29. Oktober 2022 schrieb die Rhätische Bahn ein Stück Bahngeschichte: Auf der UNESCO Welterbestrecke zwischen Preda und dem berühmten Landwasserviadukt fuhr der längste Reisezug der Welt. Ein Ereignis, das tausende Bahnfans nach Bergün und an die Albulalinie lockte und Zuschauerinnen und Zuschauer weltweit faszinierte.

Die Rekordfahrt
29. Oktober 2022
Bei sonnigem Wetter versammelten sich an diesem Samstagnachmittag tausende Menschen entlang der Albulalinie. Entlang von Viadukten, Kurven und insbesondere am Bahnfest in Bergün sicherten sie sich frühzeitig die besten Plätze, um den Weltrekordversuch live mitzuverfolgen.
Um 14.20 Uhr war es dann soweit. Der 1,91 Kilometer lange Zug setzte sich in Bewegung: Hinaus aus dem Albulatunnel, wo er seit der Nacht zuvor aneinandergekuppelt wurde, vorbei am Bahnhof Preda und weiter über die UNESCO Welterbestrecke. Wie eine endlose Schlange zog der Zug über die Albulalinie vorbei an 22 Tunnels und über 48 Brücken. 25 Capricorn-Triebzüge, 100 Wagen, rund 3'000 Tonnen Stahl und Technik – synchron gesteuert von sieben Lokführern.
Um 15.30 Uhr erreichte der Zug seinen Höhepunkt: die spektakuläre Überquerung des weltberühmten Landwasserviadukts. Jubel brandete auf und Kameras klickten: Der Weltrekord war geschafft. Und als kurz danach die offizielle Bestätigung von GUINNESS WORLD RECORDS™ für den Weltrekord «longest narrow gauge passenger train» eintraf, war die Erleichterung und Begeisterung riesig.
Dieser Weltrekord war mehr als Zahlen und Fakten. Er war das Ergebnis von Leidenschaft, Teamgeist und Innovation. Und ein Erlebnis, das die Menschen vor Ort und weltweit vor den Bildschirmen fasziniert hat.

Wir sind überglücklich, dass uns der Weltrekord geglückt ist. Wir hatten ein wunderschönes Bahnfest in Bergün und konnten uns mit der Rekordfahrt dank engagierten Partnern, Sponsoren und einem unglaublich engagierten Team weltweit als faszinierende, innovative Gebirgsbahn präsentieren.
Der Weltrekord in Zahlen
Strecke: 24’930 m von Preda bis Alvaneu
Höhenunterschied: 789.4 m (Preda 1’788.7 m ü. M. → Alvaneu 999.3 m ü. M.)
Bauwerke: 48 Brücken und 22 Tunnels auf der Rekordstrecke
Grösster Viadukt: Landwasserviadukt (142 m lang, 65 m hoch)
Längster Tunnel: Greifensteintunnel (698 m)
Energie-Rückgewinnung: rund 4’000 kWh Bremsenergie (Rekuperation)
Geschwindigkeit: etwa 30–35 km/h
Dauer: rund 1 Stunde
Zug: 25 Capricorn-Kompositionen à 4 Wagen; Gesamtlänge: 1'906.375 m
Gesamtgewicht: ca. 2’990 t
Kommunikation: fast 2 km Feldtelefon (Zivilschutz) für die interne Verbindung
Team an Bord: 7 Lokführer und 21 Techniker
Betrieb: Albulatunnel während ca. 12 Stunden für den Verkehr gesperrt
Die Herausforderungen
Noch nie fuhr ein so langer Personenzug auf einer Schmalspurstrecke im Hochgebirge mit engen Kurven, Tunnels und Viadukten. Die Fahrt stellte hohe Anforderungen an Technik und Koordination.
Synchrone Steuerung des Zugverbands und Bewältigung der Bremskräfte Die 25 Züge mussten alle gleichzeitig beschleunigen oder abbremsen, obwohl jeweils nur vier Züge vom gleichen Führerstand aus gesteuert werden konnten. Eine elektrische Schleife stellte sicher, dass im Falle einer Schnellbremsung alle Züge gleichzeitig bremsten. Aufgrund des grossen Gewichts des Zuges (2'850 t ohne Fahrgäste) wirkten sehr hohe Kräfte auf die Infrastruktur und Wagenkästen. Eine separate Gegensprechanlage im Zug, das Training der Lokführer und klare Befehle sorgten für das entsprechende Ergebnis. Zudem wurde für die Fahrt des Rekordzuges eine spezielle Software geladen und die mechanische Bremsleistung reduziert.
Rekuperation und Auswirkungen auf die Netzbelastung Auf der Talfahrt wurde der Zug vollständig über elektrische Rekuperation abgebremst. Dadurch wurde Strom produziert, der an die Fahrleitung abgegeben wurde und von anderen Zügen auf dem Streckennetz der RhB (aber auch anderen Bahnen im In- und Ausland) verwendet werden konnte. Zusätzlich konnte der überschüssige Strom auch über Umrichter ins öffentliche Netz (z. B. in Bever) abgegeben werden. Die grosse Herausforderung war, dass sich die Spannung der Fahrleitung zu stark erhöhen könnte (normalerweise 11'000 Volt), da im selben Abschnitt 25 Züge synchron Strom abgaben. Die Überspannung hätte von einzelnen Systemen, die am Bahnstrom hingen, nicht aufgenommen werden können. Hierzu fanden diverse Tests statt und es wurden Massnahmen für die Rekordfahrt getroffen (u. a. Beschränkung von Geschwindigkeit und Beschleunigung, Reduktion der Rekuperation durch Spezialsoftware im Zug, präventives Umhängen von Systemen auf Ortsnetz-Stromversorgung).
Verbindung der Züge Die einzelnen 4-teiligen Capricorn-Triebzüge waren mit einer vollautomatischen Kupplung verbunden. Jeweils vier Züge wurden von einem Lokführer gesteuert. Zwischen jeweils vier Capricorn-Triebzügen wurde mechanisch und pneumatisch, aber nicht elektrisch gekuppelt. Dafür wurden zusätzliche Sicherheitssteuerleitungen zwischen den Zügen verlegt.
Sicherstellung von Sicherheit und Verfügbarkeit der Strecke und Systeme Die Strecke wurde für die Rekordfahrt für andere Züge gesperrt. Der Rekordzug war teilweise länger als diverse Blockabschnitte. Gesteuert wurde die Fahrt von der Betriebszentrale in Landquart aus. Es musste sichergestellt werden, dass die Signale, aber auch die Bahnübergänge und Kundeninformation im richtigen Moment ausgelöst wurden.
Live-Medienproduktion Die Rekordfahrt wurde von Blick mittels einer Live-Produktion aufgenommen und über verschiedene Kanäle verbreitet. Hierfür wurden verschiedenste Kameras von Drohnen, im Führerstand und auf der Strecke verwendet und mussten in Echtzeit verarbeitet werden. Dies alleine war auf einer Strecke mit beschränkter Mobilfunkabdeckung eine grosse und spannende Herausforderung.

Partner und Sponsoren
Hinter dem Weltrekord stand ein starkes Team. Insgesamt waren 15 namhafte Partner mit an Bord des Weltrekords. Sie untermauerten den Pionier- und Innovationsgeist, der das Bahn- und Reiseland Schweiz seit eh und je auszeichnete. Ohne die finanzielle und technologische Unterstützung der Partner wäre der Weltrekord nicht durchführbar gewesen. Als Presenting Partner trat Stadler auf, welcher auch Hersteller der Capricorn-Triebzüge war.
Die weiteren Engineering-Leistungen wurden von ABB und Sersa als Unternehmen der Rhomberg Sersa Rail Group erbracht. ABB stand für Energieeffizienz und Sersa für den Bau und Unterhalt der Bahninfrastruktur. Ergänzt wurden die Main Partner durch Märklin als Spezialist für Modelleisenbahnen.
Presenting Partner
Main Partner
Partner
Medienpartner
Weitere Partner
Wir bedanken uns bei allen Partnern – für Mut, Know-how und Teamwork auf höchstem Niveau.
