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«Guten Morgen, Billettkontrolle.» Sabine und Marcel von der Stichkontrolle begrüssen die Fahrgäste frühmorgens im Zug von Chur in Richtung Thusis. Abteil für Abteil prüfen sie die Fahrkarten und scannen die SwissPässe. In Kürze ist der ganze Zug kontrolliert. Es gibt keine Beanstandung, alle Fahrägste haben ein gültiges Ticket. Das sieht für mich nach einem einfachen Start in den Arbeitstag aus.
Am Morgen seien viele Pendlerinnen und Pendler in den Zügen unterwegs. Diese besitzen häufig ein Generalabonnement, ein Bünder Generalabonnement oder Strecken-Abos. Deshalb der ruhige Start. Doch das könne sich rasch ändern.
Manchmal kontrollieren wir 400 Fahrgäste und es sind keine Beanstandungen dabei. Manchmal gibt es in einem Zug mit 30 Personen bereits mehrere Fahrgäste ohne gültiges Ticket.
Sabine und Marcel kontrollieren die Tickets der Fahrgäste.
In Rhäzüns wechseln wir den Zug. Hier die erste Beanstandung: Ein Fahrgast kann kein Ticket vorweisen. Ich bin gespannt, wie sich die Situation entwickelt. Der Fahrgast ist freundlich und bezahlt den erhobenen Zuschlag von 100 Schweizer Franken direkt in bar. Kurz darauf wieder ein Fahrgast ohne Ticket. Diesmal werden alle Daten des Fahrgastes erfasst. Er erhält im Nachhinein eine Rechnung zugeschickt, da er nicht im Zug bezahlen konnte.
Wir wechseln mehrmals den Zug und fahren in unterschiedliche Richtungen. Während ich mich ständig neu orientieren muss, behalten Sabine und Marcel stets den Überblick. Sie kennen die Fahrpläne und Zugwechselmöglichkeiten beinahe auswendig.
Für jeden Zug erfassen die Stichkontrolleurinnen und Stichkontrolleure im Nachhinein einen Bericht, indem die Details zum Einsatz dokumentiert werden.
Was mich von Anfang an begeistert, sind der Teamgeist und die gegenseitige Rücksichtnahme. Sabine und Marcel sind wahre Teamplayer, die sich aufeinander verlassen und sich auch ohne Worte verstehen.
Mimik und Gestik sind wichtig bei unserer Arbeit. So wissen wir von weitem, ob alles in Ordnung ist oder ob der andere Unterstützung benötigt. Wir verstehen uns, ohne zu sprechen.
Als Stichkontrolleurinnen und Stichkontrolleure sind sie immer zu zweit unterwegs. Die Dienste und die Arbeitseinteilung erfolgen in eigener Organisation pro Team. Es gibt mehrere Teams in Chur und im Engadin und einen regelmässigen Wechsel zum regulären Dienst als Zugbegleiter/in.
Ich mag die Flexibilität meiner Tätigkeit und dass ich während meiner Arbeit viel unterwegs bin. Die Aufgaben sind abwechslungsreich, die Gespräche und Situationen an manchen Tagen sehr herausfordernd.
Das Smartphone ist zum wichtigen Begleiter geworden. Digitale Tickets nehmen in allen Bereichen zu, durch alle Altersbereiche der Fahrgäste hindurch. Die Digitalisierung hat definitiv den Arbeitsbereich der Stichkontrolle verändert. Da sind sich die beiden einig.
Ein Grossteil der Tickets wird heute mit dem Smartphone überprüft.
Fingerspitzengefühl ist im Umgang mit Fahrgästen besonders gefragt. Ich frage mich: Wie verhalten sich Fahrgäste, die bewusst ohne gültiges Ticket unterwegs sind?
Laut Sabine und Marcel ist das Verhalten immer unterschiedlich. Manche Fahrgäste sind hektisch und nervös, manche bleiben ruhig, manche zeigen ein «Pokerface» und haben vielerlei Gründe, warum sie kein oder ein falsches Ticket besitzen. In Erinnerung blieb Sabine ein Fahrgast, der behauptete, sein Ticket auf dem Smartphone zu haben, der Akku wäre aber leer. Gleichzeitig war das Aufladekabel gut sichtbar am Rucksack des Fahrgastes in der Aussentasche. In solchen Situationen müsse man schon schmunzeln.
Es überwiegen die positiven Eindrücke. Die meisten Fahrgäste sind freundlich. Es kommt aber auch zu schwierigen Situationen. Und es gibt Situationen, wo der Fahrgast einfach Pech hat oder mir Fahrgäste leidtun. Aber wir haben unsere Richtlinien.
Nach vielen Dienstjahren haben die beiden ein gutes Einschätzungsvermögen für die Fahrgäste entwickelt. Manche Leute treffen sie täglich oder mehrmals die Woche. Da wisse man schon auswendig, wer welches Ticket hat oder wer ein neues Gesicht im Zug sei. Das Spannende aber sei, dass man nie genau wisse, was der Tag mit sich bringt. Kein Tag sei wie der andere.
Unterwegs durch ganz Graubünden: Sandra Mayerhofer mit Sabine und Marcel vom Team der Stichkontrolle
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