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Der Glacier Express – Laufende technische Erneuerung und Weiterentwicklung
In seiner 75-jährigen Geschichte hat sich das Produkt Glacier Express in mehreren zeitlichen Etappen laufend weiterentwickelt. In einer vorläufig letzte Phase werden 2006 vier neue Züge mit insgesamt 24 Panoramawagen den Glacier Express aufwerten.
Ein zusammenhängendes Schienennetz entsteht
Das bestehende Meterspurnetz zwischen Zermatt und St. Moritz war in der heutigen Form nicht geplant. Der Bau der Bahnstrecken entwickelte sich an den Endpunkten des heutigen Glacier Express, die ursprünglich voneinander unabhängigen Streckenabschnitte wurden erst im Verlaufe der Zeit miteinander verbunden. Das älteste Teilstück, die Strecke Visp-Zermatt wurde am 18. Juli 1891 von der Visp-Zermatt-Bahn in Betrieb genommen. Auf der 35 km langen Strecke nutzten die Lokomotiven zur Überwindung der Steigungen sechs Zahnstangenabschnitte nach System Abt mit einer Gesamtlänge von 7.7 km. Die Maximalsteigungen betragen auf den Adhäsionsstrecken 25‰ und auf den Zahnstangenabschnitten 125‰. Die Züge wurden durch Dampflokomotiven (HG 2/3) gezogen und verkehrten nur in den Sommermonaten.
Unabhängig von diesem Bahnbau wurde am anderen Ende im Kanton Graubünden mit dem Bau der ersten Teilstücke der Rhätischen Bahn (RhB) begonnen. Am 10. Juli 1904 wurde die Bahnstrecke von Chur nach St. Moritz (Albulalinie) eröffnet. Mit der Eröffnung der Albulalinie Chur-Thusis-Samedan-St. Moritz und der bereits früher fertiggestellten Strecke Reichenau-Ilanz war in Graubünden bereits ein grosser Teil der späteren Glacier Express-Linie in Betrieb. Am 1. August 1912 wurde die Bahnstrecke zwischen Ilanz und Disentis als letztes Teilstück des RhB-Netzes, auf dem später der Glacier Express verkehren werden, fertig gestellt. Die Strecken der Rhätischen Bahn wurden ohne Zahnstangen gebaut und die Züge mit Dampflokomotiven betrieben.
Bei der Vollendung der genannten Bahnstrecken dachten die Eisenbahnpioniere noch nicht an eine Verbindung zwischen dem Matterhorndorf und dem Engadin, lagen die beiden Endpunkte Visp und Disentis noch 100 Kilometer auseinander. Obwohl bereits 1904 erste Projekte für eine Meterspurbahn von Brig bzw. von Visp nach Gletsch und weiter über Furka-Andermatt-Oberalp bis Disentis ausgearbeitet wurden, sollte es noch viele Jahre bis zu deren Realisierung dauern.
Nach der Gründung der Bahngesellschaft Brig-Furka-Disentis (BDF) im Jahre 1910 wurden schliesslich die Bauarbeiten 1911 im Goms, im Mai 1912 in Andermatt und im Juli 1912 in Disentis aufgenommen. Die erste Teilstrecke der Brig-Furka-Disentis-Bahn (BFD) von Brig nach Gletsch wurde zwar bereits am 30. Juni 1914 feierlich eingeweiht. Nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges verzögerte sich aber der Ausbau Richtung Furka, die italienischen Gastarbeiter verliessen innerhalb weniger Tage die Baustellen, kehrten nach Italien zurück und die Geldquellen der vorwiegend französischen Aktionäre versiegten. Schliesslich musste die BFD 1923 Konkurs anmelden. 1925 ersteigerte sich eine Interessensgruppe unter der Führung der VZ und der RhB die Strecke Brig – Disentis für 1,75 Mio. Franken und gründete die Furka Oberalp Bahn (FO) als Nachfolgegesellschaft. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes (militärstrategische Aspekte waren für ausschlaggebend) in der Höhe von 3,5 Mio. Franken wurden die noch unvollendeten Bauwerke und Gleisanlagen fertig gestellt. Bereits am 18. Oktober 1925 verkehrte der erste Probezug bis Disentis. Die Strecke Gletsch – Andermatt – Disentis wurde offiziell am 3. Juli 1926 eröffnet. Wie bei der VZ wurden grössere Steigungen mit Hilfe von Zahnstagen (System Abt) überwunden. Ab diesem Datum verkehrten erste direkte Kurswagen zwischen St. Moritz und Brig, allerdings nicht unter dem Begriff Glacier Express.
1927 fiel die Entscheidung, die Strecke Visp – Zermatt mit Wechselstrom 11 KiloVolt, 16 2/3 Hertz zu elektrifizieren. Damit wurde bei der Visp – Zermatt Bahn das gleiche Stromsystem wie bei der Rhätischen Bahn gebaut, ab dem 1. Oktober 1929 wurde der elektrische Betrieb aufgenommen. Das Streckennetz der Rhätischen Bahn war bereits seit 1922 voll elektrifiziert.
Bereits 1928 dachte man bei der Einreichung des Konzessionsgesuches für Strecke Brig – Visp an die Einführung von direkten Verbindungen zwischen Furka und Zermatt, Göschenen und Zermatt, Chur und Zermatt sowie St. Moritz und Zermatt und in einem Protokoll der Verwaltungsratsausschusses der FO tauchte erstmals der Name «Glacier» auf, vorgeschlagen vom damaligen Direktor der RhB und Vertreter der RhB im Verwaltungsrat der FO, Herr Bener. Der Nouvelliste Valaisan informierte in der Ausgabe vom 14. Januar 1930 seine Leser, dass die Verbindung zwischen Zermatt und St. Moritz den Namen Glacier Express tragen wird.
Alle 3 Bahngesellschaften investierten von Beginn an wesentliche finanzielle Mittel in die Verbesserung und Erneuerung des Rollmaterials. Die RhB gab einen Salonwagen (ABs4ü 61) mit Zahnradbremse in Auftrag, die Auslieferung erfolgte 1929. Die RhB baute zudem bestehende 2. und 3. Klass-Wagen (ABC 4ü 604-607) um, die FO modernisierte den Personenwagen (C4ü 260); alle Wagen wurden mit einer geschlossenen Plattform und Faltenbalgübergängen ausgerüstet. Die VZ, die vor der Eröffnung des Glacier Express nur über Wagen mit 2.- und 3.-Klassabteilen einsetzte, bestellte 3 Wagen mit 1. Klass-, 2. Klass- und Salonabteil (AB4ü 101-102), einer dieser Wagen steht heute noch für Nostalgiefahrten zur Verfügung. Die deutsche Gesellschaft MITROPA, welche Speisewagen für verschiedene europäische Luxuszüge betrieb, orderte einen meterspurigen Speisewagen (den heutigen Gourmio-Wagen 3812), der vorerst auf der Strecke Chur-Disentis eingesetzt wurde.
Aber erst am 5. Juni 1930, mit der Eröffnung der 9 km langen Verbindungsstrecke zwischen Visp und Brig auf der Meterspur, wurde eine durchgehende Fahrt von Zermatt bis St. Moritz möglich.
1930: Die Geburt des Glacier Express
Auf diese Fertigstellung warteten die Bahnverantwortlichen seit längerer Zeit. Denn bereits am 22. Juni 1930 nahm der Glacier Express als durchgehender Zug versuchsweise zwischen Zermatt und St. Moritz seinen Betrieb auf. In der Ausschusssitzung des Verwaltungsrates der FO vom 10. Juni 1930 wurde bekannt gegeben, dass die Eröffnung des Glacier Express auf den 25./26. und 27. Juni 1930 festgesetzt ist. Der erste offizielle Glacier Express ohne Wagenwechsel und Umsteigen für die Passagiere verkehrte am Mittwoch, 25. Juni 1930 von Zermatt nach St. Moritz. Der erste Zug in der Gegenrichtung fuhr am Donnerstag, 26. Juni 1930 ab St. Moritz. Zur Eröffnungsfahrt Richtung St. Moritz waren rund 70 Personen eingeladen, ein erstes Fest wurde in St. Moritz im Suvrettahaus gefeiert, am nächsten Tag reisten die Gäste mit dem Glacier Express nach Zermatt. Dieses epochale Ereignis kommentierte der 43. Geschäftsbericht der Rhätischen Bahn wie folgt: «Am 26. Juni konnte der erste Schnellzug von St. Moritz nach Zermatt, der verheissungsvolle ‚Glacier-Express’, in festlicher Durchfahrt mit Speisewagen eröffnet werden. Die auf denselben gesetzten Hoffnungen sind nicht getäuscht worden. Auch für die gesamte Schweizerpropaganda ist der Glacier-Express heute ein Volltreffer». Im ersten Jahr verkehrte der neue Paradezug zwischen dem 1. Juli und dem 10. September 1930 als Expresszug auf der Originalstrecke und zwischen dem 11. September und dem 4. Oktober 1930 als «Personenzug» zwischen St. Moritz/Chur und Brig.
Der Glacier Express zeigte mit einer Komposition, bestehend aus je einem Personenwagen der RhB, FO und VZ den offiziellen Zusammenschluss der 3 Bahnen und der 3 Gegenden. Die offizielle Einweihung erfolgte mit einem Extrazug, bestehend aus zwei Speisewagen, zwei Wagen 1. und 2. Klasse der FO (AB4), dem Salonwagen ABs4ü 61 der RhB (dem noch heute als Salonwagen in Betrieb stehenden AS 1161) und einem F4ü der RhB. In der Folge setzten die drei Bahnen Brig Visp Zermatt Bahn (BVZ), Furka Operalp Bahn (FO) und Rhätische Bahn (RhB) ihre besten Fahrzeuge ein: die RhB ihren As 4ü 61 einen 2./3.Klasswagen der Serie 604-607, die BVZ einen 1./2.Klasswagen mit Salonabteil und die FO einen C4ü 260. Dazu gesellt sich ein neuer durch MITROPA bestellter Speisewagen (den heutigen «Gourmino»-Wagen 3812). Obwohl die Strecke durchgehend befahrbar war, standen zwischen Brig und Disentis noch Dampflokomotiven im Einsatz, da dieser Abschnitt noch nicht elektrifiziert war.
Die Züge des Glacier Express wurden zu Beginn und während langer Zeit von folgenden Lokomotiven gezogen:
Zwischen Zermatt und Brig setzte die VZ die berühmten HGe 4/4 «Krokodile» als Zugpferde ein. Die elektrischen Lokomotiven mit einer Leistung von 1'000 PS konnten Zugslasten von 80t ziehen und erreichten auf den Adhäsionsstrecken eine Geschwindigkeit von 45 km/h und in den Zahnstangenabschnitten von 20 km/h. Die Lokomotiven Nr. 11 und 13 stehen noch heute bei der Matterhorn Gotthard Bahn für Güterzüge und Nostalgiefahrten im Einsatz.
In Brig übernahmen bis 1942 die 1913/14 gebauten Dampflokomotiven vom Typ HG ¾ mit 600 PS und einer Zugslast von 60t der FO den Zug bis Disentis. Die maximalen Geschwindigkeiten lagen auf den Adhäsionsstrecken bei 45 km/h und auf den Zahnstagenstrecken bei 20 km/h. Drei dieser Dampflokomotiven sind heute bei der Dampfbahn Furka Bergstrecke (Nostalgiebahn) zwischen Realp und Gletsch im Einsatz.
Von Disentis nach St. Moritz setzte die Rhätische Bahn das bekannte elektrische Krokodil Ge 6/6 I ein. Die Lokomotive verfügt über eine Leistung von 1075 PS, die maximale Geschwindigkeit bei 55km/h.
Die Fahrzeit zwischen Zermatt und St. Moritz dauerte von 7h30 bis 18h20 und in der Gegenrichtung von 8h15 -18h55, also knapp 11 Stunden. Zwischen Zermatt und Brig sowie Disentis - St. Moritz wurde der Glacier Express vom ersten Tag an elektrisch betrieben. Die Strecke Brig - Disentis ist erst seit dem 1. Juli 1941 elektrifiziert, wie bei der RhB (1922) und der VZ (1929) wurde bei der FO als Betriebsenergie Ein-phasen-Wechselstrom (11kV – 16 2/3 Hertz) gewählt. Damit verfügten alle 3 Bahnen des Glacier Express über die gleiche Betriebsenergie und die Glacier Express-Strecke war vollständig elektrifiziert. Die Zeiten der Dampftraktion mit relativ wenig Leistung wurden damit durch die leistungsfähigere Elektrotraktion abgelöst. Die FO setzte die neu gebauten Elektrolokomotiven HGe 4/4, die über eine Leistung von 1'200 PS verfügt und eine Maximalgeschwindigkeit von 55km/h (Zahrradabschnitte: 30km/h) erreicht, für den Glacier Express ein. Die höhere Anhängelast (80t statt 60t). die höhere Geschwindigkeit und der Wegfall der Halte für das Wasser- und Kohlefassen bewirkten ab 1942 auf dieser Strecke, dass die Züge erheblich schneller fahren konnten.
Mit dem Abschluss der Elektrifizierung der Strecke Brig – Disentis und der offiziellen Eröffnung am 1. Juli 1942 konnte die Reisezeit zwischen Brig und Disentis um 40 Minuten auf rund 4 Stunden gesenkt werden, die Gesamtreise verkürzte sich auf rund 10 Stunden.
Der Zug erfreute sich guter Nachfrage. Die Passagierzahlen lagen in der Betriebszeit zwischen Juli und September bei rund 20'000 Personen pro Jahr. Das hochalpine Gelände am Furkapass zwang die FO, jeweils bei Wintereinbruch den Betrieb zwischen Oberwald und dem Urserental einzustellen. An besonders gefährdeten Streckenabschnitten mussten jeweils die Fahrleitung abmontiert und die Holzmasten entfernt werden. Die Steffenbachbrücke wurde in die Winterstellung gesetzt und die Tunnelportale verschlossen, damit kein Schnee eindrang. Diese aufwändigen Arbeiten nahmen im Herbst und vor allem im Frühjahr zusammen mit der Schneeräumung viel Zeit in Anspruch und kosteten jeweils mehrere Hunderttausend Franken. Das Fehlen der ausländischen Gäste konnte nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges vorübergehend mit Schweizer Gästen ersetzt werden und der Paradezug verkehrte noch bis in den Herbst 1942. Kriegsbedingt wurde der Glacier Express-Betrieb in den Jahren 1943 bis 1946 eingestellt.
Die schrittweise Weiterentwicklung (1947-1982)
Nach dem Krieg lebte der Glacier Express 1947 wieder auf, allerdings ohne die Salonwagen, dafür aber mit Erstklasswagen der Rhätischen Bahn. Im weitern setzte die RhB Wagen mit 2. Klassabteilen und – wie bereits seit 1930 – die Wagen ABC 1604-1607 (ex 604-607) ein. Die FO erneuerte während den Kriegsjahren in den eigenen Werkstätten mehrere Personenwagen, die nun für den Glacier Express eingesetzt werden. Der Umlauf der Speisewagen wurde von Disentis bis zum Oberalpsee verlängert. Die RhB erhielt im gleichen Jahr einen neuen Lokomotiventyp, die Ge 4/4, damit verbunden war eine höhere Reisegeschwindigkeit (75km/h) und eine höhere Leistung (1560 PS).
Anfangs der 50er Jahre war die Nachfrage bereits so gross, dass die FO, die nur 5 Wagen befördern konnte, Doppelführungen des Zuges einführen musste. Die in der Vorkriegszeit in der Schweiz gebauten Meterspurwagen aus Stahl waren für den Betrieb auf den Zahnstangenabschnitten der FO mit 110‰ wegen des hohen Eigengewichts nicht optimal, um den zunehmenden Verkehr zu bewältigen. Die FO beauftragte deshalb die Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein, einen Aluminiumwagen in selbsttragender Kastenbauweise herzustellen. Damit gelang es erstmals, einen Personenwagen mit 64 Sitzplätzen und nur 11.7 Tonnen Gewicht zu bauen. Dieses neue Konzept hatte sich bewährt und wurde in Folge auch den übrigen Waggonbaufirmen übernommen. Damit wurde ein neuer normierter Meterspur-Einheitswagen geschaffen, der anschliessend in grosser Serie für verschiedene Bahnen gebaut wurde. 1951 betrug die Fahrzeit von St. Moritz nach Zermatt rund 10 Stunden und in Gegenrichtung 9 Stunden 40 Minuten.
Am 3. Juni 1956 (bei der FO 1959) wurde europaweit die erste Klasse abgeschafft und das Zweiklassensystem in den Zügen eingeführt. Beim Glacier Express wurden vorübergehend die Abteile der dritten Klasse zur zweiten Klasse, Zweitklassabteile wurden zur ersten Klasse umfunktioniert (meistens ohne Umbau, nur die Anschrift wurde geändert).
Durch die Beschaffung neuer leistungsfähigerer Triebfahrzeuge und Lokomotiven durch die RhB und die BVZ (die VZ wurde 1962 in Brig-Visp-Zermatt-Bahn umgenannt) mit Reisegeschwindigkeiten von bis zu 65 km/h und der Verkürzung des 20 Minuten dauernden Aufenthaltes in Andermatt konnte die Reisezeit sukzessive bis unter 9 Stunden verkürzt werden. In den 50er und 60er Jahren wurden zudem grosse Investitionen in die Sicherheit und in die Infrastruktur getätigt.
In den 60er Jahren wurde das Rollmaterial des Zuges durch alle 3 Bahnen modernisiert und erneuert. Dank der neuen Leichtmetall und Leichtstahlwagen konnte die Zugslast auf der FO-Strecke auf 6 Wagen erhöht werden.
1962 wurden für den Expresszug neu direkte Wagen von und bis Pontresina eingesetzt. Diese direkten Wagen wurden 1965 wieder aufgegeben, die Bahnen setzten wieder auf die traditionelle Originalstrecke zwischen St. Moritz und Zermatt. Dank der neuen Triebwagen ABDeh 8/8 der BVZ konnte die Reisezeit weiter auf 8 Stunden 36 Minuten verkürzt werden.
Eine weitere markante Änderung wurde 1968 vorgenommen, als die 3 Bahngesellschaften beschlossen, den Glacier Express in ein einheitliches Rot zu hüllen.
Ab 1969 wurden die Speisewagen bis Andermatt verlängert.
1970 sprach das schweizerische Parlament einen Kredit von CHF 78 Mio. für den Bau des Furka-Basistunnels. 1973 wurden die Bauarbeiten gleichzeitig auf der Walliser- und der Urner Seite aufgenommen.
Aufgrund der steigenden Nachfrage musste ab 1975 der Glacier Express auf der FO-Strecke an Wochenenden doppelt geführt werden. Die BVZ und die FO erhielten neu Lokomotiven (Deh 4/4), die Reisegeschwindigkeit konnte – soweit dies die Streckenführung zulies – auf 65 km/h erhöht werden. Die maximale Anhängelast wurde auf 90t gesteigert.
Während dem Bau des neuen Tunnels von Oberwald nach Realp stiegen die Passagierzahlen stark an. Da der Abbruch der Strecke zwischen Gletsch und Realp geplant wurde, setzte eine riesige Nachfrage ein, um noch ein letztes Mal die Furka Bergstrecke zu befahren und noch ein letztes Mal einen Blick auf den berühmten Rhonegletscher zu werfen. Dreifachführungen des Paradezuges wurden 1981 zum täglichen Bild. Am 13. September 1981 musste die FO neben den fahrplanmässigen Züge 56 Entlastungszüge einsetzen!
Nach diversen geologischen Schwierigkeiten erfolgte am 2. April 1981 der Durchstich, die offizielle Eröffnung des Furka-Basistunnels wird am 30. April 1981 gefeiert. Die Kosten für die Realisierung des Tunnels betrugen am Ende CHF 311 Mio. Franken. Am 11. Oktober 1981 fuhr der letzte Zug (Sonderzug der Schweizer Armee mit Soldaten) von Brig über die Furka-Bergstrecke nach Andermatt.
Der geplante Abbruch der Berstrecke verzögerte sich aufgrund der noch nicht ganz gesicherten Inbetriebnahme des Furka-Basistunnels. Zudem gab es zahlreiche Vorstösse zur Rettung dieser technisch einmaligen Strecke. 1983 wurde der Verein Furka Bergstrecke gegründet und der Erhalt der Strecke gesichert. Nach der schrittweisen Wiedereröffnung von Teilstrecken fahren seit dem Juni 2000 Nostalgie Dampfzüge zwischen Realp und Gletsch, teilweise mit den ehemaligen Dampflokomotiven des Glacier Express.
Ganzjähriger Betrieb für den Glacier Express
Am 26. Juni 1982 erfolgte die Eröffnung des Furka-Basistunnels und damit der ganzjährigen Verbindung zwischen dem Wallis und Graubünden. Der Furka-Basistunnel war damals mit 15,4 km der längste Meterspurtunnel der Welt, erst mit der Eröffnung des Vereinatunnels, der vom Glacier Express nicht befahren wird, im Jahre 1999 wird dieser Rekord von der RhB gehalten. Bis zur Inbetriebnahme des Tunnels verkehrte der Glacier Express in der Regel von anfangs Juni bis Mitte Oktober. 1982/83 fuhr der Glacier Express erstmals im Winter, in der ersten Wintersaison reisten 17'600 Gäste mit dem Expresszug.
Die Ängste, dass der Glacier Express durch den Wegfall der Furka-Bergstrecke deutlich an Interesse verlieren würde, haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Der Nachfrage nach dem Paradezug stieg in den Folgejahren stark an.
Um den Fahrgästen im Glacier Express den Stress vor der Abreise zu ersparen, wurde am 3. Juni 1984 die Möglichkeit der Einzelplatzreservierung eingeführt - im schweizerischen Binnenverkehr eine absolute Neuheit. Mangels Anschluss am EDV-System erfolgten die Reservierung und deren Bestätigung telefonisch oder mit Postkarte. Für Gruppen wurde die Reservationspflicht bereits früher eingeführt. Die Rhätische Bahn liess für den Glacier Express einen neuen Wagen bauen, der ab 1984 eingesetzt wurde.
1985 wurden in jeder Richtung zwei weitere Glacier-Expresszüge unter dem gleichen Markenbegriff eingeführt, um im Sommerhalbjahr die grosse Nachfrage besser abzudecken. Damit verkehrten in jeder Richtung während der Hochsaison 3 Zugspaare.
Ab Sommer 1985 wurde als Ergänzung zum Glacier Express St. Moritz - Zermatt eine Flügelverbindung ab Davos geschaffen. Parallel dazu mussten das Speisewagenangebot und der Minibarservice erweitert werden. Mit Ausnahme eines Zuges (Zermatt-Chur) führten alle Expresszüge einen Speisewagen, die jeweils in Andermatt oder Brig an den entgegenkommenden Zug umgehängt wurden.
Innovationsschub beim Glacier Express
Ab 1986 setzen zuerst die FO und ab 1990 auch die BVZ auf ihren Strecken die neuen Mehrzwecklokomotiven HGe 4/4 II, die noch heute im Einsatz stehen, als «Zugpferde» ein. Dank diesen starken Lokomotiven (2'500 PS) konnte die Zugslast auf 130t erhöht werden, die Spitzengeschwindigkeit beträgt neu 90 km/h, kann aber aufgrund der Kurvenradien nur selten voll ausgenutzt werden.
Mit dem Ziel, den Passagieren des Glacier Express ein maximales Reiseerlebnis zu bieten, startete die FO 1987 versuchsweise den Einsatz eines Panoramawagens. Da es sich um einen Versuchsbetrieb handelte, wurde ein neuer, leichter Stahlwagenkasten auf ein älteres, aber noch gut erhaltenes Untergestell eines ausgemusterten Personenwagens gestellt. Dieser Wagen war bei den Reisenden sehr beliebt, so dass in den folgenden Jahren drei weitere praktisch identische Panoramawagen gebaut wurden. Die Erfahrungen waren so positiv, dass die BVZ und die FO Mitte 1990 14 neue Panoramawagen beim italienischen Hersteller Breda in Auftrag gab. Ein entscheidender Aspekt war die Zusammenarbeit des Herstellers mit dem bekannten italienischen Designer Pininfarina, der dem inneren und äusseren Erscheinungsbild einen unverwechselbaren Charakter gab. Seit dem Fahrplanwechsel vom 23. Mai 1993 werden die neuen Panoramawagen vorwiegend in den Glacier Express-Zügen eingereiht und prägen dessen Erscheinungsbild.
1993 eröffnet das Panorama-Zugspaar 903/905 ein neues Zeitalter. Jeder dieser beiden Züge führt 5 Erstklass-Panoramawagen der FO oder der BVZ und zwischen St. Moritz und Brig einen nostalgischen Speisewagen der RhB. Das neue Rollmaterial trug dazu bei, dass sich die Nachfrage weiter erhöhte. In den Sommermonaten sind heute täglich 9 Zugspaare als Glacier Express unterwegs, 4 in Richtung St. Moritz und 5 in Richtung Zermatt.
Am 1. Januar 2003 schlossen sich die Furka Oberalp Bahn und die Brig Visp Zermatt Bahn zur Matterhorn Gotthard Bahn zusammen, der Glacier Express wird fortan noch von zwei Bahngesellschaften betrieben.
Phase 5. (ab 2005): Relaunch des Glacier Express
Die Verwaltungsräte der Matterhorn Gotthard Bahn und der Rhätischen Bahn haben an ihren Sitzungen vom 16. Juni 2003 beziehungsweise 29. August 2003 der Beschaffung von neuen Panoramawagen für den Glacier-Express zugestimmt. Diese umfasst 4 Züge, bestehend aus jeweils 5 Panorama- und einem Servicewagen im Wert von rund 60 Millionen Franken. Der Auftrag wurde an die Firma Stadler Altenrhein AG vergeben, ein Teil der Arbeiten wird durch die beiden Bahnen in Eigenregie ausgeführt. Der Einsatz des neuen Rollmaterials ist auf den Fahrplanwechsel im Mai 2006 geplant. Neben dem neuen Rollmaterial wird bereits 2005 ein neues Betriebskonzept und 2006 ein neues Verpflegungskonzept eingeführt. Die bestehenden 14 Panoramawagen werden in den nächsten Jahren modernisiert und im Innen- und Aussendesign an die neuen Wagen angepasst. Ab 2006 wird der Glacier Express erstmals Panoramawagen in der 2. Klasse anbieten (48 Sitzplätze), der Komfort in den Erstklasswagen wird stark verbessert und das Sitzplatzangebot von 48 auf 36 Plätze reduziert.
Ein weiteres Grossprojekt ist die Realisierung der Ostausfahrt in Brig, die bis 2007 realisiert werden soll. Heute ist der Bahnhof Brig der Matterhorn Gotthard Bahn ein «Sackbahnhof», hier muss jeweils die Lokomotive gewechselt werden. Die geplante Streckenführung führt Richtung Simplontunnel der SBB auf der linken Rhoneseite und trifft in Bitsch auf das heutige Trasse. Mit der Eröffnung dieser Strecke wird mit einem Zeitgewinn von rund 20 Minuten für den Glacier Express gerechnet.