Bernina Express auf dem Weg nach Paris

Das Projekt «Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina – Kandidatur UNESCO-Welterbe 2008» ist auf gutem Weg. Selbstbewusst sind erste wichtige Hürden gemeistert worden. Zurzeit bearbeiten Kanton Graubünden und Rhätische Bahn (RhB) das Kandidaturdossier, welches noch in diesem Jahr an die UNESCO in Paris eingereicht werden soll. Davon ausgehend ist die Vergabe des UNESCO-Labels im Jahr 2008 durchaus realistisch.

Das Label UNESCO-Welterbe fällt nicht einfach so in den Schoss. Es gibt weltweit über 800 Welterbestätten, wobei Europa überproportional vertreten ist. Entsprechend hoch ist daher auch die Messlatte für eine Bewerbung angesetzt. So sind gemäss UNESCO-Richtlinien Spielregeln festzulegen, die den nachhaltigen Umgang mit der Bahn und der sie umgebenden Kulturlandschaft sicherstellen. Diese Spielregeln werden in einem Managementplan festgehalten, der ebenfalls Bestandteil der Kandidatur sein muss. Rund 30 Autorinnen und Autoren erarbeiten derzeit die Inhalte für das Nominationsdossier.

Einzigartigkeit alleine genügt nicht…
Was soll also die RhB haben, was andere potentielle Kandidaten nicht haben? Worin unterscheiden sich Albula- und Berninalinie von anderen alpinen Bahnstrecken? Was lässt die RhB hoffen, in den exklusiven Kreis der Welterbestätten aufgenommen zu werden? Die ohne Zweifel ausgewiesene Einzigartigkeit der beiden Linien Albual/Bernina alleine ist noch kein Garant für die Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO. Es gibt aber in der Tat viele weitere gute Gründe, die für eine erfolgreiche Kandidatur sprechen. So unterscheidet sich das Projekt «Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina» fundamental von «klassischen» Objekten wie Monumente, Schlösser oder Kirchen. Die Tatsache, dass derzeit mit der Darjeeling Himalya / Nilgiri Bahn (Indien) und der Semmeringbahn (Österreich) weltweit erst zwei Bahnen das Prädikat Welterbe erlangt haben, spricht ebenfalls vorteilhaft für eine erfolgreiche Bündner Kandidatur. Als grössten Trumpf dürfte sich jedoch die Tatsache erweisen, dass neben der Bahnstrecke Thusis – St. Moritz – Campcologno auch die Kulturlandschaft in die Welterbeliste aufgenommen werden soll. Für die Festlegung des entsprechenden Perimeters der Kulturlandschaft gilt grundsätzlich das Kriterium der «Sichtbarkeit aus der Bahnfahrt». Zwecks Definition des Perimeters haben bereits erste Kontakte mit den betroffenen Gemeinden und Regionen entlang der Bahnlinien Albula/Bernina stattgefunden.

Museumsbahn?
Welche Erwartungen setzt die Rhätische Bahn in die Vergabe des UNESCO-Labels? Es ist bei den Bahnverantwortlichen und in weiten Teilen des «touristischen» Graubünden unbestritten, dass das Prädikat «Welterbe» riesige Chancen birgt. Chancen jedoch, die es zu packen gilt. So kann das Label, dass auch für einen nachhaltigen Umgang mit dem Kulturobjekt steht, bei der Erarbeitung künftiger Angebote als wertvolles Instrument eingesetzt werden. Besonders die bereits weltbekannten Expresszüge Bernina- und Glacier Express, welche auf den zukünftigen UNESCO-Strecken ihre Runden drehen, werden zusätzlich von diesem Label profitieren.

Und wie geht die Bahn bei Unterhalt und Renovierungen ihrer Anlagen vor? Sind da Auflagen zu berücksichtigen? Verkommt die RhB zu einer Museumsbahn? RhB-Direktor Erwin Rutishauser lacht. «Die RhB wird auch weiterhin eine moderne Bahn bleiben, welche auf die Bedürfnisse ihrer Gäste ausgerichtet ist». Da setzen auch die UNESCO-Richtlinien an, welche nicht die «museale Erhaltung» als vielmehr eine «nachhaltige Entwicklung des Kultur-, Lebens- und Wirtschaftsraumes» vorsehen. So sollen auch in Zukunft auf der Albula und Berninastrecke Sanierungen von Kunstbauten unter Einbezug der kantonalen Denkmalpflege möglich sein. Eine Museumsbahn wird es aber trotzdem geben: Im Herzen der Albulalinie, in Bergün, entsteht ein Bahnmuseum mit direktem Gleisanschluss. Das Projekt «Bahnmuseum Albula» vereint bahntechnische und bahnhistorische, touristische und wirtschaftliche, denkmalpflegerische und architektonische Aspekte. Von hier aus werden einzelne Zugskompositionen zu historischen Bahnfahrten starten. Erwin Rutishauser: «Die Vielfalt macht es aus. Wir wollen unsere Gäste begeistern, mit historischen Dampfzügen und mit modernsten klimatisierten Panoramazügen. Jeder Graubündengast soll auch zu einem RhB-Fan – und möglichst zu einem ‚Wiederholungstäter’ - werden!»