Heidis zweites Leben
Lok Nummer 11, Heidi, fristete nach der Elektrifizierung ein Leben als Dampfreserve und wurde sporadisch im Rangier- und Baudienst eingesetzt. 1977 war auch für sie Schluss: Die RhB musterte sie endgültig aus und verkaufte sie an einen Modelleisenbahn-Verein im Berner Oberland. Nach ein paar Jahren als Touristen-Attraktion war ihr Dampfkessel in einem so schlechten Zustand, dass sie 1990 für «nicht betriebsfähig» erklärt wurde. Die Zeit der ehrwürdigen Lok schien endgültig beendet, da erschien die Rettung in Gestalt des Club 1889, der sich für den Erhalt historischer Fahrzeuge der RhB einsetzt. Er kaufte die Heidi im Jahr 2000 und brachte sie zurück in ihre ehemalige Heimat Graubünden. Allen voran setzte sich der bewährte und versierte RhB-Fahrzeug-Restaurierer Armin Brüngger aus Samedan für die Lok ein.
«Wir konnten die Lok damals für gerade einmal 15'000 Franken erwerben – allerdings war sie nicht fahrtüchtig und es musste praktisch alles erneuert werden», erzählt Fischer, Vizepräsident und Obmann Lokunterhalt des Club 1889. «In Heidis Renovierung stecken insgesamt 11'600 Arbeitsstunden. Diese wurden von den Clubmitgliedern in Fronarbeit geleistet. Darum dauerten die Revisionsarbeiten auch zehn Jahre.» Im Zuge der Erneuerung konnten aber auch ein paar durchgreifende Verbesserungen gemacht werden: «Früher wurden Dampfloks hauptsächlich mit Kohle befeuert, so auch die Heidi Der Funkenwurf ist aber in der heutigen Zeit recht gefährlich. Damals gab es an jedem Bahnhof einen Vorsteher, der untern anderem auch die Böschungen mähte – das Heu war begehrt für das Kleinvieh.
Kosten «Heidi»
- Erste Anschaffung 1903: Fr 48'500.-
- Rückkauf durch Club 1889 im Jahr 2000: Fr 15'000.-
- Kosten Revison: Fr 1.1 Mio
- Wert heute: unbezahlbar
Heute gibt es keine Bahnhofsvorsteher mehr, die Böschungen werden aus Effizienzgründen maschinell gemäht und das Mähgut wird liegengelassen, was die teils eh schon beträchtliche Flurbrandgefahr erhöht. Bei der RhB muss bei kohlebetriebenen Dampffahrten immer ein Löschzug mitfahren – das ist nicht nur ein grosser logistischer Aufwand, sondern verteuert auch die Fahrten. Da die Heidi sowieso einen komplett neuen Dampfkessel benötigte, wurde sie im Zuge der Revision auf Ölfeuerung umgebaut. Brände sind so kein Thema mehr – und so ist sie erst noch umweltfreundlicher als eine Diesellok.» Was durch die neue Ölfeuerung ebenfalls optimiert wurde: die Vorbereitungszeit. «Bei Kohle-Dampfloks müssen die Heizer bereits zehn Stunden vor Fahrtantritt mit dem Anheizen beginnen», erzählt Marcel Fischer.
«So ein Personalaufwand ist heutzutage kaum mehr stemmbar. Die revidierte Heidi verfügt jetzt über eine elektrische Vorheizanlage, die dazu noch ohne Aufsicht betrieben werden kann – sie ist also auch technisch im 21. Jahrhundert angekommen.» Bis auf den Kessel sind aber alle Teile der Heidi noch original, betont Fischer. So trägt die alte Lok wieder ihre Ursprungsfarbe Schwarz und auch die Fabrikschilder und Loknummern aus Messing wurden aufpoliert und wieder montiert.
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